Eisenbahn-Geschichte Freisings |
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Das "Eisenbahn-, Post- und Dampfschiff-Cours-Buch" von 1855 gibt Auskunft: In der Tabelle der "Post-Course" findet man für die Strecke München -Landshut angegeben: 9 Meilen, Abgang täglich 12 Uhr mittags und 11 Uhr abends, sowie täglich 5 Uhr früh, Ankunft nach 7 Stunden, Personengeld 4 Gulden 8 Kreuzer. Für die Strecke Freising - München musste man also im Postkutschen-Zeitalter offenbar an die 3 1/2 Stunden rechnen. Bei der Lektüre des historischen Kursbuches findet man weitere Angaben: Eine Münz-Vergleichs-Tabelle, die es erlaubt, die in Bayern gebräuchlichen Gulden (1 Gulden zu 60 Kr. à 4 Pf.) in Preußische (1 Thaler zu 30 Gr. à 12 Pf.) oder andere Währungen umzurechnen (1 Thaler = 1 Gulden 45 Kr.). Es wäre interessant, zu wissen, wie die 4 Gulden Personengeld in heutiger Währung einzuschätzen sind. Einen Anhaltspunkt liefert der Anzeigenteil, in dem ein Reiseführer durch München für 36 Kreuzer angeboten wi rd.
Ein weiteres Inserat aus dem Kursbuch von 1855 - wegen der Bedeutung
für Freising - im Wortlaut zitiert:
"Die Königl. Bayerische landwirtschaftliche Centralschule in Weihenstephan
bei Freising. In den stattlichen Baulichkeiten eines vormaligen Benediktinerklosters
ist diese Königliche Anstalt auf einer freundlichen Anhöhe westlich
und nur zehn Minuten von Freising entfernt gelegen. Es werden dort in zwei
Jahrescoursen die gesammten Landwirthschaftswissenschaften vorgetragen
und dabei die praktische Ausbildung der Studirenden trefflich gepflegt.
Eine wohleingerichtete Gutswirthschaft mit den verschiedensten Betriebszweigen,
als: Schweizerei, Schäferei, Baumschule, Ziegelei, Brauerei und Brennerei,
ebenso wie die benachbarten Königlichen Staatswaldungen, unterstützen
die praktischen Demonstrationen in der Land- und Forstwirthschaft. - Die
Anstalt selbst hat verschiedene dem Zweck entsprechende Sammlungen, eine
Bibliothek, ein chemisches Laboratorium, ein Technologium, eine Anatomie,
eine Apotheke, ein Saamenkabinet, ein Versuchsfeld und ein Lesezimmer.
Die Frequenz der Anstalt hat in den letzten Jahren bedeutend zugenommen
und besteht gegenwärtig in siebenzig Studirenden, welche zum größten
Theile in der Anstalt selbst wohnen. Die Gesammtdurchschnittskosten per
Unterrichtsjahr für Wohnung, Honorar, Kost, Holz, Licht und Bedienung
belaufen sich auf circa 310 Gulden oder 177 Thlr. Pr. Cour. - Der Eintritt
geschieht gewöhnlich am 15. April oder am 15. October. Für Ausländer,
welche sich in den landwirthschaftlich-technischen Gewerben, namentlich
in den bayrischen Braumethoden ausbilden wollen, ist hier die umfassendste
und beste Gelegenheit geboten."
Doch zurück zu den eigentlichen Auskünften des Kursbuches von 1855: Im dünnen Eisenbahnnetz waren München und Berlin (über Augsburg - Nürnberg - Hof - Leipzig) bereits verbunden. Der Fahrplan für diese Reisetour: aus München 7.15 früh, in Leipzig 11 Uhr abends, aus Leipzig 5 Uhr früh, in Berlin 10.30 vormittag nach 27 1/4 Stunden.
Am 3. November 1858 wurde die Bahnlinie München - Landshut eröffnet,
wodurch die Fahrzeit von Freising nach München mit täglich drei
Zugverbindungen auf 1 bis 2 Stunden schrumpfte. Die weitere Entwicklung
bis heute zeigt die folgenden Tabelle:
Jahr | Fahrzeit (schnellste Verbindung) | Anzahl der Zugverbindungen |
1867
1914 1928 1939 1965 1988 |
51 Min.
38 Min. 38 Min. 33 Min. 26 Min. 23 Min. |
6
16 12 22 32 Mo-Fr 62/Sa 51/So 43 |
Nähere Betrachtung verdient das Kursbuch von 1928: Der in obiger Tabelle auffällige Rückgang des Zugverkehrs im Vergleich zu 1914 ist im Kontext der Geschichte zu sehen; nach dem 1. Weltkrieg musste nämlich Deutschland umfangreiches Material als Reparation an die Siegermächte übergeben. Insbesondere sucht man einen gegen 7 Uhr in München ankommenden Personenzug (damals noch mit 4. Klasse) vergebens. Ein Pendeln zum Arbeits- oder Ausbildungsplatz, wie es heute vielfach üblich ist, kannte man vor dem 2. Weltkrieg offenbar kaum. Auch über das Freizeitverhalten der Bevölkerung gibt das historische Kursbuch Auskunft: Zwar gab es ein reichliches Fahrplanangebot an Sonntagen von München nach Starnberg; einige Züge verkehrten nur bei gutem Wetter ("Die Abfertigung der nur für gutes Wetter vorgesehenen Züge wird auf den Stationen durch rot-gel be Fahne angezeigt" ). Ein Griechenland-Urlaub dürfte dagegen selten gewesen sein: Die Fahrt von München nach Athen dauerte über 60 Stunden (mit dem "Akropolis" heute: 39 Stunden, von Flugzeugen ganz zu schweigen!).
Ein weiterer Zeuge der Geschichte ist das "Deutsche Kursbuch" vom Sommer 1939. Bei dem bis zum 2. Weltkrieg zentral auf Berlin ausgerichteten Eisenbahnnetz zählt man fünf durchgehende Züge von München über Regensburg - Hof - Leipzig nach Berlin (Anhalter-Bahnhof), von denen der schnellste 9 Std. 18 Min. brauchte. Heute gibt es über Regensburg - Hof nur noch einen einzigen Zug, der bis Berlin Friedrichstraße gut 10 Stunden benötigt; dabei legt er die Strecke Hof -Berlin in etwa 6 Stunden zurück, während man 1939 dafür meist nur 5 Stunden rechnen musste.