Eisenbahn-Geschichte Dillingens |
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Überblick
Entstehung der Donautalbahn im Jahre 1876
Nebenstehend: Bahnhof Dillingen 2001 (Foto: Strobl) |
Über die Eröffnung der Dillinger Bahnstrecke - zunächst
nur von Neuoffingen (in der Nähe von Günzburg) bis Höchstädt
- wird folgendes berichtet:
"Die Bahnlinie von Neu-Offingen nach Höchstädt ... wurde
am 15. Aug. dem öffentlichen Verkehre übergeben. Durch Gesetz
vom 29. April 1869 genehmigt, konnte die ganze obere Donauthalbahn ...
von Höchstädt nach Donauwörth nicht schon jetzt dem Verkehr
übergeben werden, da die Verlegung des Bahnhofes in Donauwörth
nicht allein durch Einführung der projektirten Bahn von Treuchtlingen,
sondern mit Rücksicht auf den Anschluß der Donauthalbahn begründet
wurde und dessen Herstellung aus dem Grunde verzögert wurde, als die
hierzu nothwendigen Geldmittel erst auf verfassungsmäßigem Wege
geschafft werden mußten.. Bis zum Spätherbste des kommenden
Jahres hofft man jedoch mit dem Neubau des Bahnhofes in Donauwörth
fertig zu werden, so daß der Eröffnung der Anschlußstrecke
von Höchstädt nach Donauwörth ... mit den Zwischenstationen
Blindheim und Tapfheim kein weiteres Hinderniß im Wege steht. Wie
bekannt, war auch der Bahnanschluß bei Offingen lange Zeit unentschieden
und blieb der k. Staatsverwaltung, um allen gestellten Anfoderungen gerecht
zu werden, kein anderer Ausweg offen, als zwischen den Stationen Günzburg
und Offingen eine neue Station, nämlich 'Neu-Offingen' zu schaffen."
"Die ganze Bahn, deren Ausdehnung sich längs des ganzen Donauufers zwischen Ulm und Passau innerhalb Jahresfrist als vollendet verfolgen läßt, vermittelt die direkte Verbindung zwischen Ulm und Regensburg und wird den Verkehr der getreidereichen Gegend um Lauingen und der industriellen Etablissements bei Dillingen fördern. Die bemerkenswerthe Brücke über die Donau bei Offingen enthält einen Strompfeiler und 2 Fluthöffnungen mit 52 Meter Stützweite, der Oberbau hat eiserne Fachwerkskonstruktion, außerdem ist noch eine Brücke über die Brenz bei Gundelfingen hervorzuheben. Die Bahnlinie ist am linksseitigen Donauufer erbaut und berührt dieselbe von Offingen aus die Ortschaften Gundelfingen (Station), Lauingen (Station), Dillingen (Station) ... und Höchstädt (derzeitige Endstation). In Zukunft mündet die Bahn über Blindheim (Station), ... Tapfheim (Station) ... im neuen Bahnhofe zu Donauwörth ein."
Neben dem notwendigen Neubau des Bahnhofs Donauwörth gab es noch
einen weiteren Grund, warum die Dillinger Bahnlinie etwas später gebaut
wurde:
"Die Verzögerung des Bahnbaues ist aus dem Umstande abzuleiten,
daß die Linie Donauwörth-Offingen den Verkehr zwischen der Donau
und der Schweiz, damit zugleich aber einen sehr erheblichen Theil des ungarisch-schweizerischen
Verkehrs von den bayerischen Linien ab- und auf die Ulm-Friedrichshafener
Bahn geleitet hätte und in Folge dessen erst die Fertigstellung der
Ingolstadt-Augsburger Bahnlinie abgewartet werden mußte, wodurch
diese Beschädigung vermieden bleibt."
Dass der Verkehr von Ungarn in die Schweiz über Dillingen hätte
führen können, versteht man, wenn man betrachtet, dass damals
die Alpen als Verkehrsweg relativ unwegsam, dagegen die Donau (hier gab
es schon vor 1850 Dampfschiffe) sehr bequem war. Ein Blick auf die Karte
zeigt, dass sich tatsächlich durch die Bahnlinien Ingolstadt - Donauwörth
- Dillingen - Ulm - Friedrichshafen eine Verbindung in die Schweiz ergeben
hätte, wobei ab Ulm nicht die Bayerischen, sondern die Württembergischen
Staateisenbahnen vom Verkehr profitiert hätten. Mit der Fertigstellung
der Bahnlinie Ingolstadt - Augsburg im Jahre 1875 war dagegen über
die schon bestehende Linie Augsburg - Buchloe - Kempten - Lindau eine bayerische
Bahnstrecke in die Schweiz gegeben.
Der Fahrplan von 1876 zeigt vier "gemischte Züge" (also Personen und Güter) in jede Richtung. Die Fahrzeiten sind in 12-Stunden-Notation gegeben, wobei jeweils durch die Zusätze "Mgs.", "Abds." usw. angegeben ist, ob es sich um 6 Uhr Morgens oder 6 Uhr Abends handelt:
Stationen | Gemischter Zug I | Gemischter Zug III | Gemischter Zug V | Gemischter Zug VII |
Höchstädt
Dillingen Lauingen Gundelfingen Neu-Offingen |
5.50 Mgs.
6. 7 " 6.19 " 6.30 " 6.50 " |
9.20 Vorm.
9.42 " 9.59 " 10.14 " 10.35 " |
3.50 Nachm.
4. 7 " 4.19 " 4.30 " 4.50 " |
6.45 Abds.
7. 2 " 7.14 " 7.25 " 7.45 " |
Neu-Offingen - Höchstädt
Stationen | Gemischter Zug II | Gemischter Zug IV | Gemischter Zug VI | Gemischter Zug VIII |
Neu-Offingen
Gundelfingen Lauingen Dillingen Höchstädt |
7.10 Vorm.
7.32 " 7.43 " 7.55 " 8.10 " |
11.20 Vorm.
11.44 " 12 - Mittag 12.17 Nachm. 12.35 " |
5.15 Nachm.
5.37 " 5.48 " 6 - Abds. 6.15 " |
8.45 Abds.
9. 7 Nachts 9.18 " 9.30 " 9.45 " |
Der Donau-Bote vom 24.8.1876 berichtet Näheres über Dillingen.
Auch der Sprachstil der damaligen Zeitungen ist interessant:
"Dem großen bayerischen Eisenbahnnetze ist am 15. August d. Js.
durch die Eröffnung der 24,6 Kilom. langen Linie Neu-Offingen - Höchstädt
a. D. wieder ein neues, wichtiges Glied eingefügt. Die Bahn wird zwar
erst die volle Bedeutung erlangen, wenn man einmal die Eröffnung Neu-Offingen
- Donauwörth anzuzeigen in der Lage sein wird; allein die Strecke
von Neu-Offingen bis Höchstädt dürfte doch auch schon einen
bedeutenden Verkehr versprechen, indem sie vier Städte berührt
und durch das gewerbliche, getreidereiche, von vielen größeren
und kleineren Ortschaften belebte Donauthal führt, in welchem noch
3 große Fabriken ihre Massenfabrikate zur Bahn liefern werden. Notizen
über die vom Schienenstrang durchschnittene Landschaft, über
die Städte und Dörfer werden nach Vollendung der ganzen oberen
Donauthalbahnstrecke gewiß an die Öffentlichkeit gelangen; hier
soll nur Voraus einiges Wenige von der in Mitte gelegenen Stadt Dillingen
berichtet werden, was vielleicht Manchem willkommen sein dürfte.
Von Neu-Offingen aus ist Dillingen die dritte Station mit stattlichem,
großem Bahnhof. Derselbe liegt auf der nördlichen Seite der
Stadt, durch die große Linden-Allee von derselben getrennt. Man hat
von ihm aus eine weite Ausschau über reiche Fluren, Wälder und
Ortschaften."
Dillingen, Hausen und Schretzheim waren damals noch nicht miteinander
verwachsen, so dass tatsächlich nördlich des Bahnhofs keine Häuser
den Blick verstellten (Interessenten sei der Nachdruck einer Karte aus
dem Jahre 1831 aus dem topographischen Atlas Bayern Nr. 60 empfohlen).
"Vom Bahnhof führt eine schöne, breite Straße in die
große Allee, von welcher man westlich in die obere und östlich
in die untere Stadt gelangt. Fußgänger kommen auf einem neuangelegten,
breiten Fußwege, welcher in der Mitte der großen Allee rechts
ablenkt, am Gesellenhause und an der Stadtpfarrkirche vorbei, in die Mitte
der Stadt."
Nebenstehend: Die Straße vom Bahnhof zur Großen Allee 2001 (Foto: Strobl) |
"Dillingen, auf dem linken Ufer der Donau liegend, zählt 697 Häuser
und 5034 Einwohner. Das k. Schloß, in welchem sich das Bezirksamt,
das Landgericht, Rentamt, Bauamt und Forstamt befinden, ist ein großes,
altes, majestätisch gelegenes Gebäude; das Lyceumsgebäude,
v. J. 1688, das Gymnasiumsgebäude, erbaut i. J. 1724, das ehemalige
Collegium der Jesuiten ..., das Klerikalseminar und die Akademische Kirche
v. J. 1617 sind guterhaltene, schöne, großartige Gebäude.
Besucher der Stadt Dillingen wollen wir noch besonders aufmerksam machen
auf die verzüglichen, von den Aerzten sehr gerühmten Bäder
in der Donau, an welcher eine Badeanstalt errichtet ist ..."
Stationen | Meilen | Abgang | Ankunft nach
Stunden |
Person.
Geld |
Donauwörth
Offingen Pappenheim Regensburg |
6 1/4 5 1/2 17 1/2 |
täglich 4 Uhr früh täglich 10 1/2 U. Vm. täglich 11 1/2 U. Abs. pr. Ingolstadt |
6 5 15 |
G. Kr.
3 20 1 6 9 12 |
Die Fahrt von Donauwörth nach Offingen dauerte demnach 6 Stunden, von Donauwörth bis Dillingen also etwa 3 Stunden, so dass mit einer Postkutschen-Geschwindigkeit von ca. 10 km/h gerechnet werden kann. Fuhr man mit dieser gegen 7 Uhr durch Dillingen kommenden Postkutsche nach Offingen und nahm man von dort die Bahn nach München, so benötigte man etwa 13 Stunden für diese Reise.
Zur Entfernungsangabe 6 1/4 Meilen ist zu sagen, dass es sich nicht
um englische oder See-Meilen handelt, sondern um deutsche (geographische)
Meilen, wie eine Wegemaße-Tabelle aus diesem Kursbuch erklärt:
Maass. | Auf einen Grad des Aequator = 15 geogr. Meile gehen: |
...
Deutsche (geographische Meilen) Englische Meilen à 1760 Yards ... Oesterreichische Meile à 4000 Wiener Klafter ... |
...
15 69,15 ... 14,67 ... |
Demnach ergibt sich 1 geographische Meile zu 7,4 km. Die Maßeinheit km wurde erst seit 1875 (Gründung des Maß- und Gewichtsbüros in Paris) verwendet.
Noch interessanter ist die Betrachtung des Fahrpreises von 3 Gulden
20 Kreuzer. Hier hatte - wie die Münz-Vergleichungs-Tabelle zeigt
- jedes Land seine eigene Währung (in Bayern 1 Gulden à 60
Kreuzer à 4 Pf, in Preußen 1 Thaler à 30 Silbergroschen
à 12 Pf, wobei 1 Gulden = 17 Silbergroschen 1 5/7 Pf.). Die Reichsmark
(1 Gulden = 1,7143 Mark) wurde 1876 eingeführt, nachdem die Bahn Gütern
und Personen leichter und schneller transportieren konnte und der Wunsch
nach Einheitlichkeit größer wurde.
Staat. | Rechnungs-Münze. | Werth in
Preußisch Courant. Th. Sg. Pf. |
Bayern
... Braunschweig Bremen |
1 Gulden zu 60 Kr. à 4 Pf.
... 1 Thaler zu 24 Gr. à 12 Pf. 1 Thaler Gold zu 72 Grote |
-- 17 1 5/7
... 1 --- --- 1 4 --- |
Auch Adolph Freiherr Knigge rät in seinem bekannten Buch
"Über den Umgang mit Menschen" hier zu großer Aufmerksamkeit
und gibt außerdem einen Eindruck vom Reisen mit der Postkutsche:
"In Teutschland hat man mehr als in anderen Ländern Ursache, wegen
des sehr verschiedenen Münzfußes sich beim Geldwechseln in acht
zu nehmen, und es ist etwas sehr Gewöhnliches, daß schelmische
Gastwirte den Fremden dabei hintergehen oder ihm auf Gold Münze herausgeben,
die er auf der nächsten Post nicht brauchen kann.
...
Es ist eine Gewohnheit der Postknechte, in allen Städten rasch
zu fahren, eine Gewohnheit, die ihren Nutzen hat und gegen welche man nicht
eifern soll. Ist nämlich an der Kutsche etwas zerbrechlich, so würde
es besser sein, wenn es da vollends bräche und risse, wo die Hülfe
nahe ist, als auf offner Straße. Hält aber das Fuhrwerk die
Probe des Rasselns auf dem Steinpflaster aus, so kann man hoffen, damit
an Ort und Stelle zu kommen."
Besonders aber drängt sich die Frage auf, ob die 3 Gulden 20 Kreuzer als teuer einzustufen sind. Anhaltspunkte geben hier der damalige Preis für ein Halbjahresabo des Donau-Boten (1 Gulden, heute kostet das Halbjahresabo der Donau-Zeitung ca. 240 DM) oder der Brot-Preis (hier danke ich dem Bayerischen Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung für die Auskunft), der damals für 1/2 kg Roggenbrot ca. 5 Kreuzer betrug und somit für 3 Gulden 20 Kreuzer etwa 40 Roggenbrote erhältlich waren, also in heutiger Währung mit etwa 100 DM zu rechnen sind. Das Reisen mit der Postkutsche war also durchaus sehr teuer; eine Eisenbahnreise auf der längeren Strecke von Donauwörth nach München kostete in der III. Klasse dagegen 1 Gulden 51 Kreuzer, so dass Bahnreisen zwar immer noch teuer, aber günstiger als die bisherige Postkutsche waren.
Neben den Postkutschen gab es noch Stellwagenfahrten von Dillingen nach Donauwörth (im Donau-Boten vom 11.2.1865: "Xaver Butz fährt jeden Montag, Mittwoch und Freitag und Donatus Deisenberger jeden Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; jedesmal Morgens 6 Uhr von der eigenen Behausung aus"). Die Stellwagen (Gestellwagen) waren Fuhrwerke für etwa zehn bis zwölf Personen mit einem Stoffdach.
Schließlich sei noch aus dem Dillinger Wochenblatt vom Oktober
1840 zitiert über die Eröffnung der ersten größeren
Bahnstrecke in Bayern (nach der Strecke Nürnberg - Fürth 1835),
nämlich München - Augsburg:
"Augsburg, den 1. Okt. Heute fand die erste Probefahrt mit der Lokomotive
'Jupiter', der vier Personenwagen angehängt waren, von München
nach Augsburg statt.
- den 3. Okt. München und Augsburg werden endlich ihre Vermählungsfeier
- nach einer langen Verlobung begehen. Das eiserne Band ist fertig ...
Künftigen Sonntag den 4. Oktober kommt der Dampf an. Im prachtvollen
Blumenschmucke, unter Kanonendonner und Glockengeläute wird sie daher
dampfen die langersehnte Lokomotive, und wird Jubel verbreiten über
die ganze Bevölkerung Augsburgs und der Umgegend, und der Freude wird
kein Ziel und kein Ende sein."
Und schon drei Wochen später wird berichtet:
"Auf der Mitte der Eisenbahn zwischen München und Augsburg wird
ein großes Gasthaus errichtet, damit sich die Münchner und Augsburger
dort eine Rende-vous auf halbem Wege geben können. Das neue Gasthaus
soll alle möglichen Belustigungen in sich vereinigen. Es wird beabsichtiget,
auch bei der Nacht auf der Eisenbahn zu fahren, und dann sollen die Hauptbälle
für die Münchner und Augsburger schöne Welt in diesem Gasthause
gegeben werden."
Bemerkenswert ist hier, dass die Züge in der Anfangszeit der Bahn
nur am Tage fuhren (dagegen Postkutschen durchaus auch in der Nacht); neben
den bekannten damaligen Vorurteilen gegen die hohe Geschwindigkeit der
Züge könnte wohl auch ein Unsicherheitsgefühl der Fahrgäste
eine Rolle gespielt haben, die (ohne einen Kutscher in der Nähe zu
wissen) alleine im Eisenbahn-Coupé saßen.
Eine in der gleichen Zeitung entdeckte Meldung aus der Regierungszeit
von Ludwig I. hat zwar nichts mit der Fahrplänen zu tun, sei aber
ebenfalls noch wiedergegeben:
"Se. Maj. der König haben anzuordnen geruht, daß die Schüler
überall angewiesen werden sollen, bei Begegnung ihrer Vorgesetzten
vor denselben nicht nur den Hut oder die Kappe gehörig abzunehmen,
sondern auch hierbei stehen zu bleiben, und daß mit Strenge auf den
Vollzug und auf Folgeleistung von Seite der Schüler gehalten werde."
Der Fahrplan von 1880 zeigt 4 Fahrten in jede Richtung. Damit konnte
man in ca. 5 Stunden von Dillingen aus München erreichen und sogar
am gleichen Tage noch zurück kommen. Die Fahrpläne sind in 12-Stunden-Notation
gegeben, wobei die unterstrichenen Zeiten Nacht-Zeiten (18-6 Uhr) bedeuten,
z. B.:
|
Zum Vergleich ein Zug aus dem Fahrplan vom Jahr 2001:
|
Ein Studium des Fahrplans zeigt z. B., dass bei einer Abfahrt in Paris
um 20.30 Uhr über Strassburg (8.27 Uhr), Stuttgart (13.35 Uhr) und
Ulm (Ankunft 16.00 Uhr Stuttgarter Zeit, Abfahrt 16.22 Münchener Zeit)
Neu-Offingen um 16.59 erreicht wurde; der Anschlusszug um 17.10 erreichte
Dillingen um 18.17. Auch die Uhrzeiten waren damals noch nicht vereinheitlicht.
So differierten z. B. Stuttgarter und Münchener Zeit um 10 Minuten.
Erst 1893/94 wurde die Mitteleuropäische Zeit eingeführt.
Anfang des 20. Jahrhunderts wurden sehr viele Nebenbahnen fertiggestellt,
z. B.
1903 Augsburg - Welden (Anfang der 80-er Jahre stillgelegt),
1905 Mertingen - Wertingen (1981 stillgelegt),
1906 Aalen - Dillingen (Härtsfeldbahn, 1972 stillgelegt),
1910 Günzburg - Mindelheim (Mittelschwabenbahn),
1911 Gundelfingen - Sontheim (1956 stillgelegt).
Zu vielen Klein- und Museumsbahnen (auch zum Standort Neuoffingen) sind im Internet ausführlich und liebevoll Informationen dargestellt.
Die Härtsfeldbahn war eine Meterspurbahn. Hier sei nur ein Fahrplanausschnitt aus dem Jahr 1965 gezeigt, aus dem die Haltestationen (z. B. Lauingen Härtsfeldbahnhof) und Fahrzeiten (z. B. von Wittislingen nach Dillingen etwa 20 Minuten) hervorgehen:
Aalen Härtsf Pbf
Aalen Härtsf Gbf Unterkochen Härtsfeldbf Waldhausen-Glashütte Ebnat (Härtsfeld) Brünstholz Elchingen Bärenloh Dossingen Neresheim |
8.15 Samstags
8.18 8.26 8.32 8.43 8.50 8.59 9.03 9.07 9.15 |
Neresheim
Härtsfeldwerke Neresheim Sägmühle Iggenhausen Katzenstein Dischingen Guldesmühle Ballmertshofen Reistingen Zioertheim Wittislingen Zöschlingsweiler Lauingen Härtsfeldbf Hausen (b Dillingen Donau) Dillingen (Donau) |
9.25 Werktags
9.32 9.34 9.38 9.42 9.48 9.52 9.57 10.02 10.06 10.18 10.22 10.31 10.36 10.40 |
Die 9 km lange Bahn vom bayerischen Gundelfingen ins württembergische Sontheim hatte im Volksmund mehrere Namen, z. B. "Gäns-Metzger", da es immer wieder vorgekommen sein soll, dass Gänse bei der Futtersuche auf dem Bahndamm überfahren wurden, oder in Sontheim "Boyerle", da die Bahn Fahrgäste in benachbarte Bayern brachte, oder "Knoblauch-Express", da am Ende des 2. Weltkrieges die Bahn zu Hamsterfahrten genutzt wurde.
Lohnenswert ist auch ein Blick über die Grenzen des Dillinger Landkreises
hinaus auf einen Fahrplanausschnitt der Strecke München - Starnberg
aus dem Kursbuch 1928. Dort fällt zunächst der Vermerk "Elektrischer
Betrieb" auf: Die Eisenbahnen in den Alpen gehörten zu den ersten,
die elektrifiziert wurden (denn auf den dortigen Steigungen war der Kohleverbrauch
hoch, und die Wasserkraftwerke konnten die benötigte Elektrizität
liefern); so war die Strecke Murnau - Oberammergau die erste, die 1905
elektrifiziert wurde; die Strecke Augsburg - Donauwörth wurde erst
1935 elektrifiziert, die Dillinger Strecke 1980.
Bei Betrachtung der Fahrplanspalten bemerkt man außerdem bei
manchen Zügen den Hinweis "Nur bei gutem Wetter", woraus ersichtlich
ist, dass von den Münchnern die Bahn zum Ausflugsverkehr frequentiert
wurde, sowie den Hinweis "Nur an Samstagen, Sonn- und Feiertagen" (solche
Samstags-Züge findet man 10 oder 20 Jahre früher nicht), woraus
auch auf die beginnende Arbeitszeitverkürzung (freie Samstag-Nachmittage)
geschlossen werden kann.
Im Nachdruck des Kursbuches von 1944 findet man nur an wenigen Stellen Hinweise auf den Krieg (es ist möglich, dass der Verlag, der den Nachdruck besorgt hat, solche Seiten herausgenommen hat). In den Fahrplantabellen findet man gelegentlich Züge mit den Bezeichnungen "DmW" (Schnellzug mit Wehrmachtzugteil) oder "SFR" (Schnellzug für Fronturlauber, z. B. auf der Strecke München - Augsburg - Günzburg - Calais).
Deutlich jedoch sind die Kriegseinwirkungen im Fahrplan für die
amerikanische Zone vom Januar 1946 zu sehen. Sofort fällt dort der
fehlende Eisenbahnverkehr auf dem Streckenabschnitt von Neu-Offingen bis
Gundelfingen auf. Die dortige Donaubrücke war offenbar in den letzten
Kriegstagen ebenso wie viele andere Brücken zerstört worden.
Ebenso findet man im Kursbuch von 1946 keine Verbindung nach Berlin (sowjetische
Besatzungszone).
Die Streckenstilllegungen einiger Nebenbahnen wurden oben bereits angesprochen.
Dagegen gab es nun neue Züge, z. B. den TEE (Trans-Europ-Express,
nur 1. Klasse), Züge mit Schreibabteilen, in denen einer Zugsekretärin
diktiert werden konnte, Fernzüge mit langen Laufwegen (z. B. dreimal
täglich München - Athen, eine Verbindung, die spätestens
mit dem Krieg auf dem Balkan eingestellt wurde, aber auch wegen der Konkurrenz
durch das Flugzeug unrentabel wurde).
TEE (Fotos: Strobl) |
Griechischer Liegewagen in München Hbf |
Dagegen wurden die Züge im Nahverkehr von Berufspendlern immer mehr genutzt: Viele Züge verkehrten nur werktags (w):
Günzburg
Neuoffingen Gundelfingen (Bay) Lauingen Dillingen (Donau) Steinheim (Donau) Höchstädt (Donau) Blindheim Schwenningen (Bay) Tapfheim Donauwörth |
5.55 w
6.01 6.08 6.12 6.21 6.25 6.29 6.34 6.37 6.41 6.48 |
6.53 w
6.59 7.07 7.12 7.18 7.22 7.26 7.33 7.36 7.41 7.48 |
7.58
8.03 8.09 8.14 8.19 | 8.25 | | | 8.40 |
11.55 w
| 12.05 12.10 12.14 | 12.19 | | | 12.33 |
12.42
12.48 12.55 13.00 13.07 13.11 13.15 13.20 13.23 13.28 13.35 |
13.45
| 13.58 14.03 14.08 | | | | | 14.25 |
Dagegen hat die Bahn durch Einführung des ICE im Jahr 1991 (im
gleichen Jahr erschien erstmals ein gemeinsames Kursbuch der Deutschen
Bundesbahn und der Deutschen Reichsbahn) und durch Einführung des
Taktfahrplans (auf der Dillinger Strecke im Jahr 1996) ihr Angebot erweitert
und attraktiver gemacht, wie die folgende Tabelle zeigt:
Jahr
Von Dillingen nach |
1880 | 2001 |
Donauwörth
Fahrzeit
Anzahl der Verbindungen |
1:10 4 |
0:23 Mo - Fr 18, Sa - So 11 |
München
Fahrzeit
Anzahl der Verbindungen |
4:55 4 |
1:41 (schnellste 1:19) Mo - Fr 18, Sa - So 13 |
Berlin
Fahrzeit
Anzahl der Verbindungen |
18:03 2 |
6:55 (schnellste 6:39) Mo - Fr 16, Sa - So 10 |
Wie sehen die Kursbücher der Zukunft aus? Neben gedruckten Regionalausgaben ist die Fahrplanauskunft im Internet eine nützliche Einrichtung geworden.
Ich danke Herrn Dr. Poppa, der mir im Archiv der Stadt Dillingen Einblick
gab in die Zeitungsausgaben aus dem 19. Jahrhundert, sowie Herrn W. Hackel
für die Materialien zur Bahnlinie Gundelfingen - Bächingen -
Sontheim.
Bahnhof Dillingen 2001
(Foto: Strobl)